Szenen aus dem Alltag – der ganz normale Wahnsinn

von | Dez 7, 2018 | Allgemein, FLR, Kopfkino | 0 Kommentare

Szenen aus dem Alltag – der ganz normale Wahnsinn

von | Dez 7, 2018 | Allgemein, FLR, Kopfkino | 0 Kommentare

 

Ich liege auf der Hantelbank im Fitnessstudio und gebe mir größte Mühe so zu tun, als würde ich mich ernsthaft sportlich betätigen.
„Bisschen mehr Gewicht wäre sinnvoll für dich. Außerdem die Arme nicht so durchstrecken.“ Ich rolle die Augen und werfe meinem Trainingspartner einen genervten Blick zu.
„Wie wär’s, du kümmerst dich um den, der’s nötiger hat?“ Ich zeige auf mein dickes Püppi, das verloren einige Meter abseits steht. Püppi ist eigentlich mein Latexpüppi, aber wir sind heute in zivil unterwegs. Und Püppi wurde zu einem strengen Sportprogramm verdonnert. Manchmal geht Püppi walken und trägt dabei Latex unter der Sportkleidung. Situps mit Plug im Arsch musste er auch schon machen.
Doch es fehlte ihm bisher deutlich an Selbstdisziplin und grade zur Weihnachtszeit muss ich wieder strenger werden.
Von den Schokonikoläusen werden die Finger weggelassen dieses Jahr!!!
Nun gut, mein Trainer gibt Püppi ein paar Anweisungen, ich beende meine Übungen und beginne, Püppi am Rudergerät anzufeuern. „Du Lusche, das hab ja sogar ich vorhin hingekriegt! Du wirst ja wohl den letzten Kilometer noch schaffen! Mach jetzt hinne, ich will heute noch in die Sauna und muss danach Richtung Zürich.“
Püppi gibt sich Mühe, meinen Anforderungen gerecht zu werden. Ich bin nicht zufrieden und will gerade ausholen, um zu meckern, als plötzlich mein Handy aufleuchtet.
Püppi scheint meinen schockierten Blick zu bemerken, denn er lässt ein „Oh, oh… das sieht nicht gut aus“, verlauten und hört auf zu rudern.
„Oh verdammt Scheiße“, fluche ich in mein Handy… und füge direkt ein „ich hab dir nicht erlaubt aufzuhören“, in Richtung Püppi hinzu.
Auf meinem Handy laden derzeit Bilder, die mir Cassandra aus unserer Wohnung schickt. Besser gesagt aus unserer Küche. Die unter Wasser steht.
Es folgt eine Voice Mail.
„Hallöchen Prinzessin. Ich bin gerade ausm Urlaub zurück und bin grade wieder reif für den nächsten. Ich steh hier in Pfützen und es stinkt nach Abfluss in der Wohnung.“
Ich seufze… „Ich bin schon unterwegs. Kein Stress. Wir kriegen das hin. Haben die Möbel viel abbekommen?“
Es folgt keine Voicemail. Stattdessen nur ein Bild, auf dem deutlich zu erkennen ist, wie die Beine unseres Küchentischs unter Wasser stehen.
Ich seufze nochmal, schnappe mir mein Handtuch und marschiere los.
„Komm, Püppi, ne schnelle Runde Sauna. Meine Anstandsdame ist schlecht gelaunt, die Küche steht unter Wasser, ich hab heute noch was zutun.“

[…]

Einige Stunden später.
Ich betrete vorsichtig die Wohnung. Es riecht nach Brownies, Kaffee und… hm… den Geruch kenne ich… Juteseil?
Ich laufe in die Küche. Die Anstandsdame sitzt am Tisch und mampft Brownies. Auf dem Boden verteilt liegen Handtücher, das Geschirr stapelt sich auf der Ablage und auf dem Herd steht ein großer Topf mit dunkelroter undefinierbarer Brühe.
Ich spar mir erstmal jede Fragerei und setze mich.
Ich grinse.
Sie rollt die Augen.
Ich grinse noch mehr.
Sie schiebt mir den Teller mit Brownies rüber. Ich greife zu.
„Der Urlaub war schön, oder?“
„Ja, Prinzessin, 30 Grad, lecker Essen, das Meer in Reichweite…“
„Mach dir keinen Kopf wegen der Küche, wir bauen einfach eine neue!“
Sie wirft mir einen bösen Blick zu. Dann grinst sie. „Warum eigentlich nicht. Viel schwerer als Fesselliege, Käfig oder dein Prinzessinnenschrank wird wohl ne Küche nicht sein.“
„So mag ich dich.“
„Aber jetzt muss erstmal alles trocknen. Der Hausmeister war da, irgendwas mit der Spülmaschine, irgendwas mit dem Abwasserrohr.“
Sie nimmt den letzten Bissen ihres Brownies und stellt den Teller zum restlichen Geschirr.
„Die Spülmaschine ist übrigens kaputt.“
Ich ignoriere den Wink mit dem Zaunpfahl.

„Und was wird das?“
Ich zeige auf den Herd.
Cassandra zieht sich Handschuhe über, greift in den Topf und hebt Seile heraus. Frisch gefärbte bordeauxrote Juteseile.
„Ich dachte, es wird Zeit für neue Seile.
Hab nur nicht bedacht, dass ich die ja nicht zum Trocknen über den Wäscheständer hängen kann, hab sie jetzt mal ins Bad um die Heizung gespannt.“
Triefend nasse rot gefärbte Seile in unserem weißen Bad… Der Gedanke daran weckt seltsame Assoziationen in mir. Außerdem höre ich die Filmmusik von „Psycho“ in meinem Ohr. Die Szene mit der Messerattacke in der Dusche, ihr wisst schon…
Ich seufze.
„Darf ich wenigstens noch einen Kaffee trinken, bevor ich loslege?“ „Jetzt tu mal nicht so, als würde ich dich dazu zwingen, mir hinterher zu putzen. Du schreibst sowas am Ende noch in deinen Blog. Was denken denn die Leute über mich? Aber ja, für einen Kaffee ist immer Zeit. Ich hab übrigens versucht, deine weißen Shirts mit der restlichen Farbe zu färben. Rot magst du ja nicht. Aber so dunkles Bordeaux geht doch. Das steht dir. Naja egal. Hat nämlich nicht so geklappt. Jetzt hast du rosa Batik Shirts.“
Ich rolle die Augen und seufze in meine Kaffeetasse.
„Ich hab dich vermisst“, flüstere ich.
„Ich dich auch, Prinzesschen. Und jetzt beeil dich, bevor die Farbe festtrocknet und unser Bad bordeauxrot gefleckt ist. Und über deine perversen Alleingänge während meines Urlaubs reden wir ein ander mal.“
„Es war doch nur eine Runde auf dem Sybian! Sowas muss man testen, wenn man die Möglichkeit dazu hat! Ich…“
„Auf, auf…“, unterbricht sie mich und wirft mir einen nassen Putzlappen zu.
Seufzend stampfe ich ins Bad.

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